Von Gottes- und Menschenrechten.
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auch das deutsche Judentum in diese Richtung gebunden. Mit
dem Zusammenbruch der reformatorischen Ideen als leitender
nationaler Gedanken, wird der jüdische Messianismus seine Frei
heit zurückerhalten. Es könnte möglich sein, daß die Juden ein
mal in Deutschland von zwei mächtigen Parteien, der prole
tarischen und der aufstrebenden katholischen sehr umworben
werden. Sie werden gut daran tun, sich beizeiten zu der Partei
zu .schlagen, der der Sieg gewiß ist, und es ist nicht anzunehmen,
daß sie bei ihrem feinen Empfinden für das Definitive und Ab
solute lange schwanken werden.
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Der Widerstand bleibt das wichtigste aus den Menschen- 7. VIII.
rechten. Die andern könnte man so betrachten, daß sie nur eine
anthropologische Bedeutung haben, und den Staat, der sie zur
Grundlage seiner Verfassung macht, nur eben nach seinem natür
lichen Wesen, nach seinem nationalen Temperament charakteri
sieren. D’Aurevilly faßt, wenn ich ihn recht verstanden, (p. 55
„Les prophetes du Passe“) die Demokratien so auf. ,Les droits
des peuples, vis ä vis les uns des autres, seraient leurs facultes
(naturelles) et Fon sait de quoi cette notion de facultes se com-
pose!‘ Das Widerstandsrecht macht indessen eine Ausnahme,
und es stimmt darum nicht, wenn d’Aurevilly am Ende aller Philo
sophien nur den Gegensatz des Papstsystems von De Maistre
und des „Leviathan“ von Hobbes sieht. Das Widerstandsrecht
ist offenbar aus der alten Theologie durch Vermittlung der Je
suiten in die französische Declaration hineingeraten. In diesem
Punkte begegnen sich Menschen- und Gottesrecht; Mercier hat
es erwiesen. Und an diesen § 34 der Declaration wird jede Ver
fassung der Zukunft weiter anknüpfen müssen und können. Jeden
falls unterscheidet dieses Recht schon heute den Kampf zwischen
der puren Gewalt und den auf dem Widerstand fußenden Demo-