Volltext: Jahresbericht 1978 (1978)

Amiets Pont-Aven-Erlebnis. Nach dem Tode von 
Giovanni Segantini 1899 wandte sich Giaco- 
metti von Segantinis Malweise ab, die dieser mit 
folgenden Worten beschrieben hat: «Ich benutze 
dünne, möglichst lange Pinsel, und ich beginne auf 
meiner Leinwand loszuarbeiten mit feinen dünnen 
und pastosen Pinselstrichen, indem ich stets 
zwischen jedem Pinselstrich einen Zwischenraum 
'asse, den Ich mit den Komplementärfarben aus- 
fülle, und zwar möglichst, wenn die Grundfarbe 
noch frisch ist, damit das Gemälde zerflossener 
wirkt. Das Mischen der Farben auf der Palette 
führt dem Dunklen entgegen; je reiner die Farben 
sind, die wir auf die Leinwand bringen, um so 
vesser führen wir unser Gemälde dem Licht, der 
Luft und der Wirklichkeit entgegen.» Nun ist frei- 
lich Segantinis Technik vom Pointillismus der 
Franzosen zwar zu unterscheiden, aber dennoch 
nicht völlig unberührt. Auch wenn in den folgenden 
Jahren Segantinis feine Stricheltechnik in Giaco- 
nettis Werk nicht wiederkehrt, so ist doch zu 
sagen, dass die Begegnung mit dem zehn Jahre 
älteren Maler den jüngeren hat reifen und zu sich 
selbst finden lassen. Giacometti blieb sich und 
seiner engeren Umgebung treu. 
seiner Auseinandersetzung mit diesen Gestaltungs- 
mitteln zu betrachten, das bei Giacometti immer 
ain Mittel ist, Farbe und Licht in ihrer Intensität zu 
steigern. Die stark vereinfachten Formen, die den 
Bildaufbau mehr andeuten denn bestimmen, wirken 
wie aufgelöst in einem dichten Farbflimmern. Wie 
kaum in einem andern Werk des Künstlers ist in 
vergleichbarem Masse die Farbe zum Träger des 
Lichts geworden; nicht der Gegensatz von hell- 
dunkel bestimmt den Eindruck dieses Werkes, son- 
dern Giovanni Giacomettis Fähigkeit, selbst 
beschattete Partien zu leuchtender Farbigkeit 
werden zu lassen. 
Fellıx Baumann 
Jer äussere Rahmen festigte sich durch die Grün- 
dung einer eigenen Familie, 1905 erwarb er ein 
Yaus in Stampa, 1908 folgte ein Sommerhaus in 
Maloja. Der gleichzeitige künstlerische Werdegang 
wird durch das Experimentieren in verschiedenster 
dinsicht geprägt. 1902 entstand das erste Bild in 
Dointillistischer Malweise «Nova neva» (Kunsthaus. 
Aarau). 1907 jedoch fuhren Amiet und Giacometti 
zusammen an die C6ezanne-Ausstellung nach Paris 
und kopierten im gleichen Jahre auf der Oschwand 
van Goghs Bild «Les deux enfants», das ihnen der 
Zürcher Sammler Richard Kisling für diesen Zweck 
für einige Zeit ausgeliehen hat. Das Bild «Winter 
n Maloja» von 1910 steht am Ende von Giovanni 
Giacomettis Auseinandersetzung mit dem Poin- 
tillismus. Es ist gewissermassen als eine Summe 
7.
	        
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