S. Triedfaender • Der WagßaCter der Weft 885
Person gedrängt, zur allerunerhörtesten, wenngleich neutralisierten
Macht gestärkt, mit polarisierender Allgewalt auf jedes Besondere
gehend, auf den Gipfel der Selbstbesinnung gehoben wieder. Man
weiß also das eigene 3° und damit zum voraus die Polarität aller
möglichen Differenz, ja man ist eben zum voraus indifferenziert alU
wissend, allmächtig, göttlich. Und eben nicht diese absolute Allmacht,
sondern, wie gesagt, jeder Versuch ihrer unpolaren Differenzierung
war aufzugeben, nicht aber sie selbst als völlig neutrale Größe. Das
unbedingte, unfehlbare, präzise, exakte, rigorose innerste Selbstver^
trauen darf sich — nicht etwa des »Menschen«, gewiß aber des so^
lange verkannten Innern bemächtigen und alles Außen, alle Differenz
als die Selbstentzweiung seines eigensten Überschwangs konstatieren.
Diese neue, definitiv etablierte Dogmatik verzichtet, zugunsten
unbedingter Energie des Innern, auf absolute Unbedingtheit ihrer
Äußerungen: sie äußert sich nur empirisch — aber eben polar, d. h.
immer mit einer in sich gegenseitigen Rücksicht auf diese innerste
neutrale Integrität. Und polar ist ja bereits die Tatsache, daß es zu
dieser Etablierung überhaupt eines imperativen Zuspruchs bedarf,-
daß das Absolute nicht ohne weiteres anerkannt ist, erlebt wird und
herrscht,- daß es einstweilen nur de iure gilt/ daß es die labyrinthL
sehen Möglichkeiten seiner Latenz, seiner Überschwemmung durch die
eigenen Differenzen gibt, in deren Wogenschwall es tief untergetaucht
sein kann, jedoch niemals unwiderbringlich,- es kann sich nur allzu
oft aus den Sinnen, aber nie aus den Gedanken verlieren. So ist
es an der Zeit, daß unsere komplizierte Lebensweisheit sich an der
Simplizität dieses elementaren Ereignisses zu den Wagnissen noch
viel abenteuerlicherer Komplikationen erhole. Vom absoluten Rüdc^
halt der eigenen inneren neutralen Größe aus kann man weit ent
schiedenere empirische Vorstöße machen, zumal man das Leitmotiv
der Polarität dabei immer zur Wehr und Waffe hat. Auch bereits
der Zweifel an der Allmacht, am °c des eigenen Innern ist ein po
lares Phänomen, er beweist gerade die Indifferenz, die er scheinbar
problematisiert, wohl gar widerlegt. Er beweist aber auch, daß die
neutrale Größe der Indifferenz lebendig ist, nach allen Seiten rund
umher gleich leicht sich hinzuneigen fähig und um so bedürftiger
einer ewig sich festhaltenden, unvergessenden, geistesgegenwärtigen