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haben die Bilder und Zeichnungen von Nemes*
Lamperth. Sein Griff hackt sich brutal, wie scharfes
Gebiß in die Formen ein,- reißt und rafft die Flächen
und Massen aus eruptiv geschwängertem schwarz
und tief grünblau, aus rot und weiß aufzuckenden,
erregten und durchrüttelten Fetzen zusammen,- preßt
und spannt sie zur äußersten plastischen und dyna*
mischen Verdichtung. Schwerblütige, gewaltige
Menschenleiber lagern oder schleudern sich wuchtig
ins Horizontale oder stehen in ruckweise aufeinander*
getürmten Blöcken emporgereckt: triebhafte, spontan
wachsende Monumentalität.
Bodenstämmig und kraftvoll wölbend, doch ge
schmeidiger und äußerst rythmiscb ist auch die Le*
bendigkeit Stefan Szönyis. Die Bildeinheit steht
hier noch in saftstrotzender Fühlung mit der Natur.
Die Form schnellt und wuchert empor, ihre Schwin*
gungen sind reich und gewagt, sie tanzt und läßt ihre
Dynamik in verschwenderischer Lebensfreude spielen,
oder dehnt sich in nachlässiger Ruhe, dabei heimlich
lauernd wie ein junges, gesundes Raubtier.
Mehely*Nagy: stark kubistisch erlebte Land*
schäften, ruhig, gleichmäßig und tief leuchtende Flächen,
die gedankenvolle, ernste Statik eines zeitlosen Raum*
gefühles. Dann wieder Lithographien, Porträts und
auch Landschaftliches, wo das Formganze sich aus
fieberhaft pulsierenden und hämmernden, aber den*
noch ziel* und wegbewußten Teilen blendend klar
und rein emporhebt oder herauskristallisiert. Hier
liegt ein Vergleich auf der Hand, der von diesem ein*
zigen individuellen Punkte aus plötzlich die ganze,
himmelweite Verschiedenheit von zwei Geisteswelten
aufreißt/ von Mehely*Nagy, als künstlerischen Aus*
druck einer objektiven, kristallharten Welt* und
Lebensbejahung höchster. Intelligenz und Willens*
kraft und von Kokoschka, als Gleichnis einer nur
noch in extravaganten Zuckungen ihrer Nervensub*
stanz lebenden Überkultur.
Die naturdekomponierende Gestaltung Tihanyis
nahm ihren Ausgang bei Cezanne. Tihanyi ist der
einzige Maler jener gescheiterten Gruppe der Acht,
dessen synthetische Bemühungen zu einwandfreien
Ergebnissen führten. Er verschiebt und lockert die
Formen, man fühlt die nervös tastende, aber schließ*
lieh doch mit haarscharfer, chirurgischer Sicherheit
zertrennende und zurechtrückende Hand eines un*
barmherzigen Forschers — ein skeptischer und frag*
mentarischer, aber ungemein geistreicher und über*
legener Zug ins Negative.
Anders der bis auf Mark und Bein positive Bela
Uitz. Er hat immer reiche Fülle im Raum, das
Gleichgewicht seiner Kompositionen ist vollkommen
stabil, die Töne gesättigt und machtvoll. Die orga*
nische Geschlossenheit der Teile und des Ganzen
wirkt manchmal in runder Gelassenheit, ist aber sehr
oft scharf und kantig gerafft und steigert sich dann
zur wilden, trotzigen Monumentalität. Uitz hat
Zeichnungen, wo das Raumgerüst in fest gestampften
Massen schwer und breitspurig auf dem Boden lastet,-
ein andermal stemmt sich alles steil drohend nach oben ,-
ein dämonisch unheimlicher, etwas romantischer Zug
von verhaltener Empörung, der auch in Porträtzeich*
nungen erscheint. Uitz kennt auch den Pathos heroi*
scher Kampfgebärden, doch er bleibt sich vielmehr
treu in den Werken seiner neuesten Zeit. Hier sind
alle Teile und Komplexe des empirisch * optischen
Natur* und Menschenbildes aus ihrer ursprünglichen
Fassung und Angehörigkeit heraus zu Komponenten
einer reich gegliederten und bewegten Vision ent*
wickelt, die vollkommene Naturüberwindung mit
lückenloser Kompositionsgesetzlichkeit vereint.
Zwingend, aber etwas trocken und pedant wirkt
die Konstruktionsweise Knettys. Um so leiden*
schaftlicher agitierend sind die Linoleumschnitte von
Bertnyik, wo die Formen sich in krachender Em*
pörung aufbäumen, stürzen und zerreissen. Es ist
jedoch keine Bildanarchie dabei. Im Gegenteil. Jeder
Formensplitter saust pfeilsicher aus dem strengen Ein*
heitsgedanken der Komposition hervor.
Viel loser und flüchtiger ist die psychologische aber
noch immer nicht metaphysisch formlose, Bewegtheit
des Linoleumwerkes von Mattis*Teutsch. Er
und Bohacsek, der seine brustkranke Proletarier*
existenz in demütigen und nur ganz schüchtern sehn*
süchtigen Linien und Tönungen lyrisch und Märchen
erlebend verklärte, sind Ausnahmen, die das allgemein
Gesetzmäßige des ungarischen Schaffens, nämlich den
Willen zur selbstherrlichen, monumentalen Objekti*
vität nur erst recht bekräftigen.
TSCHECHOSLOWAKEI.
Die jüngste tschechische Kunst. der bildenden Kunst an die in Deutschland gut be*
Die tschechische moderne Kunst hat in den letzten kannten sogen. »Hartnäckigen« (»Tvrdosijni«): J. Ca*
zwei Jahren eine harte und große Arbeit bewältigt. pek, VI. Hoffmann, V. Späla und J. Zrzavy anknü*
Literarisch an St. K. Neumann und Fr. Srämek, in pfend, haben anfangs Oktober etwa sechzehn junge