Von diabolischer Verworfenheit war nun freilich an Amiet selber und 
seinen Freunden wenig zu entdecken, wenn sie zu fröhlicher Begrüßung 
den Zürcher Eisenhändler und Kunstfreund Richard Kisling und die Aus- 
stellungen des Künstlerhauses besuchten. In der Ausstellung von 1905 hatte 
Kisling Freundschaft mit der Kunst Amiets und ihm und seinen Freunden 
geschlossen und mit dem Kauf der «Mutter in der Löwenzahnwiese» von 
1901 den Grund zu der Sammlung gelegt, in deren Rahmen er schon 1913 
dem Zürcher Kunsthaus 33 Bilder von Amiet mit den Jahrzahlen von 
1892 bis 1912 zur Ausstellung überlassen konnte. In seinem für alle Künstler 
gastfreundlichen Hause behielten Amiet und seine engeren Freunde stets 
ihren besonderen Platz. Uebereinstimmung in der inneren und äußeren 
Haltung dem Leben und den Menschen gegenüber mochten den tapferen 
jungen Haushalt von der Oschwand und den allen Gaben des Lebens und 
der Kunst offenen Bilder- und Musikfreund immer wieder zusammen- 
führen und zusammenhalten. Als Mitglied und Präsident der Ausstellungs- 
kommission führte Richard Kisling im Künstlerhaus sein Regiment zum 
besten der jungen Schweizer Kunst mit leichter und milder Hand. 
Weniger einfach war Amiets Biberister Gönner und Förderer Oscar 
Miller, der mit bohrender Unerbittlichkeit über Wert und Bedeutung der 
Kunst und seine eigene Stellung zu ihr Klarheit suchte, dabei aber grund- 
sätzlich längst und ganz überzeugt war. Viermal wendet er sich zwischen 
1906 und 1913 mit einer immer wieder umgeformten Essai-Sammlung 
«Von Stoff zu Form» an seine Freunde, dazwischen 1910 mit einem Büch- 
lein «Mein Verhältnis zur Kunst». Und immer kreisen dabei sein Geist und 
Verstand vor allem um die Erscheinung von Amiet, wie später noch, 1914, 
1917, 1925, in den Aufsätzen «Persönliches aus meinem Verhältnis zur 
Amietschen Kunst», «Cuno Amiet», «Persönliche Ergänzungen zu Dr. C. 
v. Mandach: Die Grundzüge der Amietschen Kunst», und schließlich 1929 
«Mein Verhältnis zur Malerei früher und jetzt». Wenn er, Blick in Blick 
getaucht, aus nächster Nähe mit der Eindringlichkeit des Gläubigen um 
Zustimmung zu seinem Bekenntnis warb, so mochte man sich bei sonst 
bestem Gewissen gegenüber Amiet zeitweise doch noch fast wie ein armes 
Heidenkind vor dem Missionar vorkommen. Besonders stark beschäftigte 
ihn die von außen an die beiden Meister herangetragene angebliche Riva- 
lität zwischen Amiet und Hodler. Da konnte es geschehen, daß er einen 
abseits nahm und meinte: «Ja, ja, Hodler ist schon recht», und dann, mit 
plötzlichem Aufblitzen: «Aber der Amiet wird besser!» 
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