Volltext: Berichterstattung über das Jahr 1893 (1893)

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Darlehen zu erhalten. Wir werden aber bezügliche Schritte erst 
tun, wenn wir einen Plan besitzen, für dessen Ausführung wir 
selbst mit aller Wärme einzutreten vermögen. 
Einer Angelegenheit, welche den diametralsten Gegensatz 
zu unsern Ansprüchen bildet, dass unsere dem gemeinen Wesen 
gewidmeten Bestrebungen in ausserordentlichen Fällen auch aus 
öffentlichen Mitteln unterstützt werden dürften, müssen wir hier 
doch noch berühren. Die Steuerbehörden der neuen Stadt Zürich 
haben den Versuch gemacht, uns für Fr. 1500 Einkommen steuer- 
pflichtig zu erklären und die Buchbinder-Werkstatt unsers Haus- 
verwalters zur Mietwertsteuer heranzuziehen. Abgesehen davon, 
dass der Mietwert von Fr. 900, der in Berechnung gezogen worden 
ist, als viel zu hoch gegriffen bezeichnet werden muss, hat der 
Vorstand geglaubt, grundsätzlich gegen diese Besteuerungs- 
versuche ganz energisch Berufung einlegen zu sollen. Von der 
Erbschaftssteuer sind wir s. Z. durch Beschluss des h. Regierungs- 
rates, der uns den Charakter der Gemeinnützigkeit zuerkannte, 
befreit worden; das Vermögens- und Einkommenssteuergesetz 
kennt seinem Wortlaute nach die Steuerbefreiung von Privat- 
gesellschaften mit gemeinnützigen Zwecken allerdings nicht, allein 
in der Praxis sind sie doch bis jetzt frei ausgegangen und mit 
Recht. Unser Staatswesen ist ja nicht bloss eine Organisation 
zur Handhabung des Rechts, der Polizei u. s. W., sondern es 
macht den Anspruch, auch den Kulturaufgaben gerecht zu werden 
und zu diesen gehört doch gewiss auch die Pflege der Kunst, 
die Erziehung des Volks zum Verständnis und zur Würdigung 
des Schönen. Ein Volk, das keine Kunst kennt, nennen wir ein 
barbarisches Volk und kümmerte sich niemand bei uns um die 
Kunst, so würden auch wir unter die Böotier gezählt. Was für 
Summen monarchische Staaten für ihre Museen aufwenden, ist 
bekannt. Bei uns in der Schweiz sind es bis vor kurzem fast 
ausschliesslich freie Vereinigungen gewesen, die aus eigenen Mitteln 
und mit Hülfe von Schenkungen dem Staat die Aufgabe der 
Kunstpflege abgenommen haben und wir haben das als Vorzug 
betrachtet, weil jede freie Tätigkeit, abgesehen von ihrem Erfolg, 
auch für den, der sie ausübt, einen bildenden und sittlich för- 
dernden Wert hat. In Zürich hat seit mehr als 100 Jahren die 
Künstlergesellschaft sich der Kunstpflege angenommen: sie hat
	        
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