Von Gottes- und Menschenrechten.
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lose, Übergewaltige, Irrationale (Walpurgisnacht). Er will das
Dämonische nicht gleichsetzen mit dem Teufel, sondern hält mehr
am antiken, den Heroismus und die Selbstvergötterung nicht aus
schließenden Sinne des Wortes fest.
Drei Dinge sind es, an denen er beim Christentum beson
deren Anstoß nimmt: 1. der provisorische Charakter der Welt,
den er von einer definitiven diesseitigen Auffassung abgelöst
sehen möchte, 2. die Lehre von der Erbsünde mit allen ihren
Konsequenzen, auch der Askese, 3. die Lehre von der einmaligen
Inkarnation, die ein Alleinreich des historischen Christus zu be
dingen scheint (über die Corpus Christi-Idee liegt keine Äußerung
vor). Den christlichen Begriffen Schuld, Reue, Sühne gegenüber
erscheint der Satz: ,Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange
ist sich des rechten Weges stets bewußt* (also das Entwick-
lungs- und Entfaltungsprinzip).
Jede Produktivität höchster Art*, so sagt Goethe irgendwo,
,ist dem Dämonischen verwandt, das übermächtig mit ihm tut,
wie ihm beliebt und dem er sich bewußtlos hingibt, während
er glaubt, er handle aus eigenem Antriebe.* In solchen Fällen
sei der Mensch oftmals als ein Werkzeug einer hölieren Welt
regierung (also einer dämonischen Weltregierung) zu betrachten;
als ein würdig befundenes Gefäß zur Aufnahme eines göttlichen
(dämonischen) Einflusses. ,Ich sage dies,* fügt er hinzu, ,indem
ich erwähne, wie oft ein einziger Gedanke ganzen Jahrhunderten
eine andere Gestalt gab und wie einzelne Menschen durch das,
was von ihnen ausging, ihrem Zeitalter ein Gepräge aufdrückten,
das noch in nachfolgenden Geschlechtern kenntlich blieb und
wohltätig fortwirkte.* (In diesem Geständnis ist die vollkommene
Gleichsetzung von Gott und Dämon ausgedrückt, ein Gedanke,
zu dem die ganze Naturphilosophie Goethes hinneigt und worin
recht eigentlich sein ,julianischer Haß gegen das Christentum*
Philosophie und Wirksamkeit geworden ist.)