Volltext: Jahresbericht 1956 (1956)

DIE KOMPOSITION 1/1925 VON PIET MONDRIAN 
Es gibt von Piet Mondrian rund zwanzig Bilder, deren 
quadratische Grundfläche auf die Spitze gestellt ist; das erste 
aus dem Jahr 1918, die meisten aus den Jahren 1925/26 und 
sein letztes, unvollendet gebliebenes Bild «Victory Boogie- 
Woogie» von 1943/44. 
Das Gesamtwerk von Piet Mondrian besteht nach heu- 
tiger Schätzung aus fast 200 Bildern, deren Grundprinzip die 
horizontal-vertikale rhythmische Teilung ist, mit dunklen, 
später meist schwarzen Linien auf meist weißer Fläche. Unter 
diesen Bildern haben jene mit auf die Spitze gestellten Qua- 
dratflächen jedoch eine viel größere Bedeutung, als sie ihnen 
rein numerisch zukommen würde. Dies liegt daran, daß in 
dieser Gruppe von Bildern eine große Zahl bedeutender 
Werke sich befindet, die ihres Ausmaßes und ihrer Durch- 
führung wegen besondere Beachtung erheischen, aber wohl 
auch daran, daß diese Bilder im Werk von Mondrian von 
allem Anfang an wie besonders akzentuierte Ausbrüche 
wirken; denn in ihnen wird die streng horizontal-vertikale 
Ordnung durchbrochen: allerdings nicht der Rhythmus und 
das Lineament, sondern die äußere Begrenzung. 
Es ist mir nicht bekannt, daß Mondrian über das Prinzip 
des auf die Spitze gestellten Quadrates sich je schriftlich 
geäußert hätte. Er selbst bezeichnete die Form dieser Bilder 
als «lozenge» oder «rhombisch». Doch ist dies beides ein 
Irrtum, denn ein Quadrat wird niemals dadurch rhombisch, 
daß man es auf die Spitze stellt. Besser wäre es gewesen, 
Mondrian hätte diese Bilder als «spitze» Bilder bezeichnet, 
denn gerade durch die ausgeprägte Wirkung der Spitzen 
des über Eck gestellten Quadrates unterscheiden sie sich 
wesentlich von den andern. 
Wir sind daran gewöhnt, Bilder als Rechteckfläche, 
parallel zu den Wandbegrenzungen normaler Räume, zu 
sehen: Mondrian hat dieses Rechtecksehen und -empfinden
	        
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