ragen, als wichtigste Statisten des bühnenhaften Szenariums,
zwei ausgemergelt dünne weibliche Gestalten gespenstisch
empor. Die eine links in bunt schillerndem Abendkleid ist
vom Rücken gesehen und liest; die andere, etwas in den
Bildraum hinein versetzt, bietet sich dar als gestikulierende,
tänzerische Gebärdefigur. Weißlich fahle Hände umschlingen
ihre Taille und den linken Unterarm, und das in der Gegen-
richtung blickende Haupt besteht aus Rosen — Pflanzliches,
Vegetabiles, «Manichino-Artiges» verbindet sich in skurriler
Mischung. Die übrigen Requisiten bevölkern in lockerer, auf
die Protagonisten bezogener Streuung das Feld: ein in Jugend-
stillinien konzipierter Stuhl, ein Tisch mit menschlichen
Extremitäten und einem Ei, ein bewachsener Felsen in Form
eines fletschenden Raubtierkopfes, schließlich, genau am
Augenpunkt der Bildanlage, eine dritte kleine Figur sozu-
sagen als Distanzmesser, deren Winzigkeit alles übrige trotz
den geringen äußern Bilddimensionen ins gigantisch Maß-
stablose wachsen läßt.
Diese exakt illustrierte deliröse Traumwelt, die den
phantastischen und absurden Mirakelzauber des Bildganzen
aus lauter veristisch definierten Details als mixtum compo-
situm zusammenstückt, besitzt ihre geschichtlichen Voraus-
setzungen einerseits in der Pittura metafisica De Chiricos
und ihrem dunklen Pathos, anderseits im literarischen Sur-
realismus von Dichtern wie Robert Desnos und Paul Eluard.”
Hinzu gesellen sich Anklänge an gewisse ausgefallene Inven-
tionen des Manierismus des 16. Jahrhunderts, an die Kom-
positporträts und anthropomorphisierten Landschaften Giu-
seppe Arcimboldis. Der halluzinatorischen formalen Struktur
antwortet die koloristische Haltung: das giftige Blaugrün und
Stahlblau des Himmels wie das stechende Grüngraubraun
des Bodens lichten sich überscharf gegen den Horizont hin
auf; vor dieser Lichtfolie wachsen die Bestandteile der Kom-
(9 Vgl. Werner Haftmann, a. a. O0., 5.
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