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Der Verfasser des Plakat-Inhalts scheint merkwürdige Auffas
sungen von den geistigen Bedürfnissen der Gebildeten zu be
sitzen, wenn er behauptet, jeder Gebildete müßte das „schöne
Buch“ lesen.
Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß sich scheinbar die über
wiegende Mehrheit der Bevölkerung gesunden Sinn bewahrt hat
und derartige „Mistpflanzen“ -zertreten helfen will. B.
Anmerkung der Redaktion:
Der Schlußsatz dieser Zuschrift bedarf eines einschränkenden
Zusatzes. Absolut genommen ist es richtig, was der Verfasser
da von der Mehrheit der Bevölkerung sagt. Aber diese fort
gesetzte tolle Reklame für die auf ästhetisch noch wenig vor
gebildete Leser tatsächlich nur verwirrend wirkende „Anna
Blume“ beweist doch, daß aus dem bisherigen Vertrieb der
Schrift stärkere Einnahmen erzielt worden sein müssen, so
daß die nicht unerheblichen Kosten für diese Reklame für die
geschäftlich Interessierten erschwinglich waren. Und was das
Plakat anbelangt, so wird man trotz der vom Verfasser ange
führten „Randbemerkungen“ aus dem Volke doch mit Goethe
sagen müssen (Brief an Zelter vom 30. Oktober 1808): „Übrigens
gibt es noch immer Menschen genug, die dergleichen Dinge
anstaunen und verehren, weil das Publikum es jedem Dank
weiß, der ihm den Kopf verrücken will . . .“
Entgegnung-.
Im Hannoverschen „Volkswillen“ vom 23. Juni ist ein Protest
eines Herrn B. gegen meine Dichtung „An Anna Blume“ und
eine Wiedergabe der Eröffnungsrede der Darmstädter Expressio
nistenausstellung von Kasimir Edschmidt erschienen. Ich er
laube mir, einigen Vorwürfen des Herrn B. einige allgemeine
Bemerkungen Edschmidts aus derselben Nummer des „Volks
willens“ nachzuweisen.
B. schreibt: „Meines Erachtens waren es meist vernünftige Men
schen, die mit Kopfschütteln die Plakatsäule mit dem Gedicht
„An Anna Blume“ verließen und dabei riefen: „Was soll solch ein
Blödsinn?“ Edschmidt: „Die Subalternen des Geistes werden,
wie seit Jahrhunderten, das ihnen Ungewöhnliche befeixen, das
wird wenig bekümmern.“
B. zitiert eine anonyme Beschreibung des Anna-Blume-Plakates
als Ausdruck des „lebhaften Widerwillens unter der Bevölkerung“:
„Wer dieses Buch kauft und es dann liest, der ist ein Narr und
Idiot.“ Edschmidt: „Troddel und. Idioten werden grinsend vor