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einem der fünf Sinne erlebt ist. Das Wesen aller Lyrik wird
klar: Ähnlichkeiten zu finden, alles mit allem zu verbinden, so
daß Alles in Einem und Eines in Allem ist. Also ist tiefste
Lyrik dort, wo Ähnlichkeiten noch zwischen Gegensätzen ge
funden werden. Je „unwürdiger“ daher das Objekt, um so größer
die Kunst, um so tiefer die Liebe, die es gottähnlich macht. Wer
es nicht weiß, erfährt es durch dieses Buch: daß die Verrohung
der Sinnlichkeit die Schuld der Dichter ist — denn was nicht
geheiligt wird, dessen bemächtigen sich die Unheiligen. Die
„pornographischen“ Gedichte des Dichters Verlaine, die das
Unheilige heiligen, helfen daher der Vergeistigung der Mensch
heit mehr als alle sittlichen Imperative aller Philosophen von
Aristoteles bis Kant. Leo Matthias
European Press: Lovers of Verlaine, especially those capable
of reading him in the German, should not tail to secure the rare
“Femmes“,just published under the title “Frauen“, in an excellent
translation by Curt Moreck, by the Paul Steegemann-Verlag of
Hannover. The book, which is admirably printed on fine hand-
made paper, in pretty marbled covers, also contains four bitherto
unpublished poems of Verlaine’s, found among his literary re-
mains. The book “Femmes“ is a coronal of votive songs in
which Verlaine, with that frankness, abandon and passion with
which the French salute the eternal amour, celebrates the charms
and caresses of his numerous loves-precisely as his great and
equally vagromforerunner, the merry rascal Villon, was wont to do.
George Scheffauer
Der Abdruck der Dokumente pro und contra Paul Ver
lainewird fortgesetzt. Robert Brendels Novelle ,,Die grosse
Hure“, die Gestaltung der biblischen Erzählung von Sodom und
Gomorrha, begeistert die Tugendbündler ebenfalls zur heiter-tra
gischen Verfolgung. Was wird erst werden, wenn Serners grosses
Prosabuch „Zum blauen Affen“ im Herbst erscheint? Man soll
das Werk in den Leipziger Buchhandlungen voraus bestellen!