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ist drei Uhr. Haben Sie schon gegessen? Nicht? Keine
Münzen? Geht mir genau so. Glauben Sie, ich Hesse mich
durch einen Geburtstag im Hause Samuel Brecher abhalten,
Spreeanglern zuzusehen, wenn ich mir nicht wieder mal so was
wie eine Mahlzeit in den Bauch bauen müsste? Rauchen Sie . . .
Bitte , . . Langerprobtes Mittel gegen unbefriedigte Magensäfte.
Nicht? Also ein wild Gestufter. Oder kultivieren Sie mit Fleiss
Hunger? Gewiss, enormes Stimulans, das nur den immanenten
Nachteil hat, schliesslich das Herz zutote zu kitzeln. Im Grunde
sind die Hungerneurosen der Geistigen ein internationaler Skandal.
Und das Malheur ist, dass der Sozialismus für uns gar keine
Hoffnung ist. Gleichheit! Stiefel! Die Natur ist aristokratisch.
Solange die Geistesaristokratie an dem täglichen Problem kratzt,
wie ein Kaffee zu erschieben ist, ist es immer noch besser,
wenn die Feudale'n herrschen, als wenn die Ziegelarbeiter mit
mir intim tun . . . Da, hören Sie! Ja, die Küchen, das klappert
durch Eisenwände. Wie diese Bande frisst! Natürlich, je grösser
der Lump, desto flotter wächst der Wanst. Und zu diesem Ge
sindel muss man seine Notdurft tragen. Grässlich. Aber sagen
Sie selbst, was soll man tun? Tja, man macht eben Kompro
misse. Wer weiss das nicht? Bon. Man soll sein Tun parallel
mit seinem Denken verlaufen lassen, sonst ist man überhaupt
ein Missvergnügter. Mais, monsieur, das geht nur, wenn . . .
comme si comme 5a, vous comprenez. Aber man könnte vielleicht
doch das Kompromisse-Machen auf die Beziehungen beschränken,
von denen die Selbsterhaltung abhängt. Apropos Selbst
erhaltung. Sie gehen doch mit zu Herrn Brecher. Von Haus
freunden Eingeführte stets willkommen. Und dann, man frisst
und weiter nichts. Es ist mir auch persönlich angenehmer.
Man ist doch nicht so Insel. Ich mache Sie übrigens aufmerksam :
Sie werden was erleben. Kennen Sie jüdische Familien? Ist
übrigens gleichgültig. Diese Familie ist für jeden Unfall exemp
larisch. Tatsache, man sollte es doch wirklich nicht glauben:
dafür dass ein Mann sein Leben lang eine einzige Frau hat, die
vielleicht, na zehn Jahre jung bleibt, opfert er seine Unabhän
gigkeit und wird zum schuftenden Sklaven. Warum kauft der
Edle sich nicht wöchentlich ein kleines Fräulein, wenn ihm schon
die sonstigen Gelegenheiten nicht einbringen, was andere der
Gefahr abjagen. Es wäre in jeder Hinsicht vorteilhafter und
sogar anständiger. Und dann, das Ergebnis der Ehe muss ja
eine Pfütze sein. Man bedenke, haha, ha . . . Ich kannte eine
Dame, die mich mit ihrem Gatten betrog, als sie ein Dritter
besass. Lieblich, was? Tja, da lob ich mir die Mohnenstamm.
Sie kennen sie doch sicher. Also allen Ernstes: alle Achtung
vor diesem Betrieb. Und echt, echt, ich sage Ihnen, wenn die
besoffen ist, ist sie immer im Zweifel, wo ihre Beine aufhören