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organisch. Der Rest fällt zu gleichen Teilen auf die Unfähigkeit,
Konzentriertes zu verstehen, auf den Aerger darüber und auf den
glücklichen Einfall, der Mann spreche zu leise.
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Eine wichtige, vielleicht als häufigste Veranlassung die
w chtigste Komponente des Lustmords: das Wehren des Weibes.
D e Verlogenheit, die hier sich kundtut, wirkt auf den geistigen
Mann mit derselben Wucht wie auf den Verbrecher. Der Unter
schied zwischen ihnen besteht darin, dass dieser mit dem Tode
bestraft, was jener mit dem Leben sühnt.
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Das Erlösungsbedürfnis des Weibes, wiewohl an sich be
rechtigter, ist weitaus kleiner als das des Mannes. Das wahre
Leid des Weibes ist der verwaiste Schoss. Deshalb ist jene
Ruhe, die der Mann sich erringen kann, dem Weib unerreichbar,
das oft Kinder haben will, um mit ihnen die Pausen auszufüllen.
Es stopft mit ihnen seine innere Leere i;nd opfert die Qual
neuer Leben auf dem Altar seiner Begierden.
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Jed^r hat die moralische Verpflichtung auszusterben.
Das Blutband ist eine schwächliche Voraussetzung. Nicht
nur, weil stets lediglich die Mutter gewiss ist. Mit dem Nabel
schnitt ist das Unwichtigste aus. Was dann beginnt, kommt
über die Gestirne her.
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Müdigkeit ist stets ein würdeloser Zustand und oft mit
einem starken Schuldgefühl verbunden.
Hs
Die allgemeine Moral in rechtlosen Staaten ist grösser als in
kodifizierten. Die gerade Willkür ist immerhin ehrilcher als die,
welche nicht einmal automatisch ist.
Hs
Der fürchterlichste Beweis für die Antimoralität des Straf
rechts ist der Krieg. Einige wollen noch mehr Geld und
Millionen werden auf Befehl derer, die das Strafrecht zum
Schutze der Lebenden vor dem Mörder schufen, gemordet; die
es aber in Wahrheit nur schufen, damit die, welche gemordet
werden sollen, um Kapitalsinteressen zu unterstützen, nicht aus
andern Gründen gemordet werden.
Hs
Ueber Europa ist eine desperadohafte Lethargie gekommen,
die zu nichts entschlossen ist: zu allem.
Walter Serner