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Zu unseren Lebzeiten haben wir das Auge, das den Zusammenhang
des Geschehens auf der Erde schärfer faßte, nicht bei den Dichtern
gesehen. Wir Nochlebende haben nicht von den Dichtern die Menschen
stimme gehört. Sondern das Auge, das unerbittlich über die Erde sah,
war das Auge Karl Liebknechts. Und die Stimme des Menschen stieß
hervor aus dem Munde von Friedrich Adler.
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Man darf vielleicht Völkern, in deren Lebensart man nicht völlig
steht, und deren Sprache man nicht ganz beherrscht, wenn sie in ver
wirrter Wanderung auf ein Ziel begriffen sind, helfen, den Weg zu be
schleunigen. So dachte es Mazzini, obschon im Nationenbegriff befangen.
So versuchte, mit ungestümer Unbürgerlichkeit, durch die Tat Bakunin.
Aber falsch ist es, diese Völker von weitem zu begutachten; und läster
lich, ihnen aus unverbindlicher Ferne Ratschläge zu erteilen. Darum
spreche ich von dem Kreise, in dessen Atmosphäre ich aufwuchs, dessen
Sprache die meinige ist, und dessen furchtbaren Kampf aus der Befangen
heit hinaus zum Du, zum Andern und zum Menschen in der Welt ich
in meiner Generation am eigenen Leibe erfahren habe. Von den Deutschen.
Nicht, um zu tadeln oder zu loben, oder selbst irgendwie zu richten.
Sondern von den Deutschen spreche ich, weil jeder die Änderung der
Welt dort anzusetzen hat, wo seine Welt steht.
Niemand hat es schwerer gehabt als die Deutschen, und niemand
hat sich den Weg zur Menschlichkeit seit einem halben Jahrhundert
schwerer verbaut als sie. Methoden, statt des Inhaltes; Präzision statt
freier Gliederung; Untertanenlust statt des Geistigen: Mit dieser frei
willigen Knechtschaft im Geiste hat jeder sich selbst geknebelt, jeder,
freiwillig. (Und man wird mir glauben, daß solche Feststellungen nieman
dem Freude machen!) So schwer hatten sie es. So schwer hatten wir
alle es, die wir von diesem Gefühlskreise ausgingen.
Die Deutschen (von denen ich doch am besten zu sagen weiß) hatten,
heute, in ihrer fürchterlichsten Seelennot niemanden, der ihnen geholfen
hätte. Alle ihre bekannten, großen, angesehenen oder vielleicht sogar
geliebten Sprecher und Dichter haben sie verraten. Alle haben — wenn
sie nicht unoffen und unentschieden die Ereignisse mit Phrasen umspielt
haben — Machtpolitik getrieben. Und wenn man in die Schale mit den
Namen der Fünfzigjährigen faßt — die einst als Menschlichkeitsträger
genannt wurden — so ergreift man stets das Schild eines geistigen
Kriegslieferanten.