Volltext: Hurra! Hurra! Hurra!

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CHRISTLICH-SOZIAL 
Die Armut ist ein großer Glanz von Innen, mein Gotte doch, 
Mutter gib mir tfur ganz miese Lumpen, damit niemand mir meinen 
Glanz ansieht. Was müssen die Menschen bloß von mir denken, 
daß ich so glänze. Dafür will ich ja gerne in die Glasbläserei gehen, 
meine Lunge auspusten, damit die Leute, die man fälschlicherweise 
Reiche nennt, so’n bißchen was von meinem Glanze abkriegen. Oder 
in die Kohlengruben. Damit denen, die Ehren genießen, warm wird 
im Winter. 
Oh, wie gerne laß’ ich mich ausnutzen! Ich bin ja selig in 
meinen armseligen Lumpen. Es ist zwar bißchen kalt grade, so 
ohne Mantel und Löcher in den Schuhen — aber dafür hab’ ich 
doch eine Lunge, die voll Kohlenstaub ist — ganz schwarz inne 
wendig. Hat je ein Reicher so eine Lunge gehabt? Nein, ich 
habe viele Besonderheiten. Da machte mir neulich meine große 
Frostbeule am rechten Fuß viel Spaß. 
Ich muß immer an das Himmelreich denken, in das ich bald 
kommen werde. Dort brauche ich gewiß keine Leberwurst essen, 
damit ich mir den Magen nicht verderbe. Ach, wie herrlich geht 
es mir gegenüber jenen, die viel Geld und feine Kleider und einen 
vollen Magen haben: an ein Heim bin ich nicht gebunden — jeden 
Morgen, wenn wir in unserem feuchten Keller erwachen, wo wir 
zu 14 schlafen, immer zweie in einem Bette, da sind wir alle froh, 
daß wir auf Arbeit müssen. Wir danken alle dem guten Gott, daß 
er uns so eine schöne Rolle zugeteilt hat. 
Wir lassen uns von Kind an zu seiner Ehre und zum Wohl 
ergehen der Reichen willig aussaugen. 
Hunger ist der beste Koch! Wie wahr ist dies Wort! Wie 
mein Vormund immer sagt, der Lumpensammler: „Welch’ ein Fest 
ist es, im Müll eines feinen Hauses ein Stück Speck mit Maden zu 
finden.“ Und wir selbst: wie schön schmeckt unsre wöchentliche 
Kartoffel oder die Kohlrüben. Oh, wie schlecht verstehen diese 
Leute, die alles haben, zu genießen! Was Genuß ist, das wissen 
nur wir. Wir haben wahrhaft schöne, menschenwürdige Berufe,
	        
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