9
einer Art von milder Farbigkeit mit stark getönten Schatten
und weich strahlender Oberfläche, und Formen, die scheinbar
zerfließend und vom Schatten aufgesaugt, nur umso runder und
reicher wieder emportauchen und bestehen. Was auf der Bild
fläche von Resten rauher Stofflichkeit und Schwere der Ölfarbe
bisher noch spürbar war, verflüchtigt sich zu Gunsten des
rein und leicht schwingenden Tones, Doch sind die Bilder noch
alles andere als bunt und liegen bei flüchtiger Betrachtung wie
unter einem dämpfenden, staubigen Schimmer,
Das vorerst wie in Mattigkeit verschlossen ruhende große
Gartenbild von 1908 « La tarte aux cerises » erwacht vor dem
eindringenden Blick und wird in allen Teilen lebendig. Jedes
Ding, die Schalen, Platten, Flaschen, Kuchen, der Strohhut auf
dem Tisch, bekennt seine Gestalt und seine Beschaffenheit, der
schwarze Hundskopf über dem Tisdbrand, das essende Mädchen,
das vom grauen Stamm weg sich auf hellende Laubdach ,• ein
Liegestuhl und hinter ihm ein Knabe werden sichtbar, im Garten^
beet brennen die Blumen feuerhell, doch nicht auf der Lein
wand, sondern im Licht und eigenen Raum des Bildes, Das
Spiegelbild mit Akt und Tub wirkt äußerlich moderner, kühn
mit der Aufrichtung der Horizontalen im Spiegel und den
Vertikalen an Möbel und Wand, und frisch im Zusammenklang
von grauem Zink und blauweißem Porzellan, hellblonder Kar^
nation und hellbraunem Bodenbelag und Stuhl und farbiger
Tapete, Das Gartenbild von 1909/12 weist mit Figuren und
Garten rückwärts zur «Tarte aux cerises», mit der kräftigen
Massengliederung in Licht und Schatten nach den graugrünen
Landschaften Nr. 30 bis 33, Hieher gehört wohl auch der von
hinten gesehene stehende Akt vor dem hohen Spiegel mit den
lose aufgehängten Röcken, ein scheinbar zufälliges und lockeres
Momentbild von strenger innerer Gebundenheit und höchster
Anmut des Kolorits,
Vor dem fest gegliederten Bildnis des Herrn H. von 1910,
der mit rotem Gesicht und grauem Haar in grauem Kleid etwas
schief und ermüdet vor seiner tief braunroten Schreibkommode
und einer hell gestreiften Tapete sitzt, staunt man, wie dünn