Volltext: Ausstellung Pierre Bonnard, Edouard Vuillard

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einer Art von milder Farbigkeit mit stark getönten Schatten 
und weich strahlender Oberfläche, und Formen, die scheinbar 
zerfließend und vom Schatten aufgesaugt, nur umso runder und 
reicher wieder emportauchen und bestehen. Was auf der Bild 
fläche von Resten rauher Stofflichkeit und Schwere der Ölfarbe 
bisher noch spürbar war, verflüchtigt sich zu Gunsten des 
rein und leicht schwingenden Tones, Doch sind die Bilder noch 
alles andere als bunt und liegen bei flüchtiger Betrachtung wie 
unter einem dämpfenden, staubigen Schimmer, 
Das vorerst wie in Mattigkeit verschlossen ruhende große 
Gartenbild von 1908 « La tarte aux cerises » erwacht vor dem 
eindringenden Blick und wird in allen Teilen lebendig. Jedes 
Ding, die Schalen, Platten, Flaschen, Kuchen, der Strohhut auf 
dem Tisch, bekennt seine Gestalt und seine Beschaffenheit, der 
schwarze Hundskopf über dem Tisdbrand, das essende Mädchen, 
das vom grauen Stamm weg sich auf hellende Laubdach ,• ein 
Liegestuhl und hinter ihm ein Knabe werden sichtbar, im Garten^ 
beet brennen die Blumen feuerhell, doch nicht auf der Lein 
wand, sondern im Licht und eigenen Raum des Bildes, Das 
Spiegelbild mit Akt und Tub wirkt äußerlich moderner, kühn 
mit der Aufrichtung der Horizontalen im Spiegel und den 
Vertikalen an Möbel und Wand, und frisch im Zusammenklang 
von grauem Zink und blauweißem Porzellan, hellblonder Kar^ 
nation und hellbraunem Bodenbelag und Stuhl und farbiger 
Tapete, Das Gartenbild von 1909/12 weist mit Figuren und 
Garten rückwärts zur «Tarte aux cerises», mit der kräftigen 
Massengliederung in Licht und Schatten nach den graugrünen 
Landschaften Nr. 30 bis 33, Hieher gehört wohl auch der von 
hinten gesehene stehende Akt vor dem hohen Spiegel mit den 
lose aufgehängten Röcken, ein scheinbar zufälliges und lockeres 
Momentbild von strenger innerer Gebundenheit und höchster 
Anmut des Kolorits, 
Vor dem fest gegliederten Bildnis des Herrn H. von 1910, 
der mit rotem Gesicht und grauem Haar in grauem Kleid etwas 
schief und ermüdet vor seiner tief braunroten Schreibkommode 
und einer hell gestreiften Tapete sitzt, staunt man, wie dünn
	        
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