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Flucht und Abkehr vom heimatlichen Jugendland zu raschem Vergessen
im Untergehen und Neuauftauchen im großem Rhythmus und Sinn
des mächtigen fremden Landes,- er selber ein Abtrünniger, ein ver-
lorener Sohn, ohne Dank und Reue, So sahen ihn seine schweize
rischen Zeitgenossen, Hundert Jahre haben sich immer wieder ihre
Augen entliehen.
Man kann ihn aber auch ganz anders sehen, so bald man auch
beachtet woher er gekommen, statt einzig wohin er gegangen
ist, was er aufgenommen, statt nur wie er sich geäußert hat, welcher
Art sein Antrieb, nicht nur das Ziel gewesen ist.
Ein früherer Lehrer und Hausfreund, der Zürcher Chorherr
F, Nüscheler, der seine Enttäuschung über eine spätere Vernach
lässigung durch den in die große Welt hineingewachsenen Füßli
nirgends verhehlt, hat sich aufgerafft, um für die merkwürdige
Unternehmung einer zürcherischen Ausgabe von «Füßlis sämtlichen
Werken» die einleitende Lebensbesdireibung zu verfassen. Die
Publikation erschien im Jahr 1807 mit dünnen Umrißstichen, haupt
sächlich von H, Lips, erlosch aber nach zwei Lieferungen,- die Lebens
geschichte, in der Handschrift etwas ausführlicher als in der ge
druckten Fassung, ist Fragment wie die ganze Publikation. Nüscheler
gesteht, daß er seit Füßlis erster Abreise von Zürich nur einen,
und seit der zweiten gar keinen Brief mehr von ihm erhalten habe,-
er hat Füßli nur in Zürich gekannt und gesehen. Die persönliche
Entfremdung und der lange zeitliche Abstand machen sich merklich
abkühlend geltend,- Nüscheler spricht von Füßli wie von einem
ganz fernen Menschen, fast wie von einem schon längst Verstorbenen,
Seine Darstellung gibt aber die kostbarsten Einblicke in Füßlis
Elternhaus und in seine ahnungsvolle, unruhige Jugend, da alles
sich vorbereitet und innerlich schon formt, was später vor uns sich
entrollt.
Da ist, neben der stillen «von der Welt und dem Umgang mit
Menschen ganz abgezogenen» Mutter, Johann Caspar Füßli, der
Vater, «der einen Teil der Zeit seines Lebens in der Welt und an
Höfen als Maler sich aufgehalten und im Rummel der Künstlerwelt gelebt
und ihre oftmals leichtsinnige und lockere Denkensart angenommen,
sie aber mit der Gewandtheit eines Hofmannes verband». Dieser
Vater, «der in allem einen absprechenden Ton liebte» gibt einigen