Volltext: Heinrich Altherr - 1878 - 1947

hat und unvollendet vollendet geblieben ist; ein hintergründiges 
Stilleben, eines der ganz seltenen aus seiner Hand; auch einen 
roten Richtengel im Hochformat, an dem nichts mehr zu ändern 
er sein Wort gab. — Wie oft versprach er, was ihm sein künst- 
lerisches Gewissen zu halten nicht erlaubte! Der rote Engel war 
zunächst im dunkeln Raum wie eine herniederstürzende Flamme, 
die die fliehende Menge bedroht. Die Form erlitt in der Folge 
mannigfache Veränderungen. Der Engel ist an der selben Stelle 
stehengeblieben. Indessen wuchs er kubisch und gewichtsmäßig 
gewaltig, obschon er kleiner wurde. In einer einzigen merkwür- 
digen Schräge, in der Kopf, Schulter und Arme zusammengefaßt 
sind, endet nun der Block des teuflischen Boten gegen den irdi- 
schen Raum. 
Ist der Bote ein teuflischer? Das weiß man nicht. Man kann es 
vermuten. Denn auch im großen Gerechtigkeitsbild, das ihn 
stets von neuem zur Gestaltung reizte, bedeutet der rote Engel 
den Verdammungsboten. 
Gegen den Anfang des Jahres 1947 überfiel den Meister mitten 
ın der Arbeit ein Leiden, das ihn nicht mehr losließ und das 
seine unermüdliche, stets junggebliebene Schaffensfreude völlig 
Jlahmlegte. Er verließ nicht mehr sein Krankenlager. Seine Visio- 
nen fanden ihre Weiterführung in fiebrigen Träumen. Die Aus- 
stellung beschäftigte seinen hellen Geist bis zuletzt. Am 27. April 
erlosch das Leben des großen lieben und grundgütigen Men- 
schen. 
Seither ist eine größere Anzahl von Kohle- oder Kreideskizzen 
zu seinen Bildern zum Vorschein gekommen, die er stets vor 
jedem Besucher verbarg, als ob er sich dadurch zu viel vergäbe. 
In Wirklichkeit aber geben diese Entwürfe über Wesentliches 
Aufschluß. Niemals übten sie die Funktion von’ sogenannten 
„Kartons“ aus. Sie tragen nicht den Stempel systematischer 
Arbeitsweise. Es sind erste Niederschriften von Bildern, die eine 
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