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Von Gottes- und Menschenrechten.
Das Überraschende ist, daß man ein Grundrecht überhaupt
aufgestellt hat. Die Bolschewiki pflegten nach ihrer ganzen marxi
stischen Tradition auf Rechte und Pflichten nicht viel zu geben.
Die Diktatur des Proletariats, die nun als Rechtszustand gilt,
beruht auf jakobinischen und terroristischen Prinzipien; man wird
also die verbindliche Kraft dieser Verfassung kaum überschätzen
dürfen. Selbst gegen den Mehrwert, die eigentliche Grundlage
des Kapitalismus, hat Marx niemals juristisch-moralische Einwände
nach Art der Bray und Proudhon vorgebracht; er hat den Mehr
wert, wie zuletzt noch Pierre Ramus nachgewiesen, nur als
nationalökonomisches Faktum nach Art der Smith und Riccardo
erörtert (Vgl. „Die Irrlehre des Marxismus“, Wien 1919, S. 142
bis 151). Es handelt sich um Herrschafts-, nicht um Rechts
prinzipien.
Sodann Kapitel II der Verfassung, wonach die Einteilung der
Gesellschaft in Klassen definitiv abgeschafft wird. Um den alten
Klassenstaat aufzuheben, werden sieben Punkte formuliert, die
sämtlich umstürzende Bedeutung haben, keineswegs aber den
Klassenunterschied zwischen der zentralistischen Verwaltung und
der nationalen Arbeit aufheben. Eine gewaltige Bürokratie einer
seits, ein Arbeitshelotentum anderseits, das scheint die nächste
historische Folge zu sein.
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Zu fragen bliebe, wie groß die Rendite sind, die von der
Bureaukratie aus der Staatsbank bezogen, in welchem Sinne die
Arbeitskontrolle und die Lohnfragen geregelt werden, und welcher
Art die faktische Verantwortlichkeit der leitenden Personen ist.
Prinzipielle und überzeugte Materialisten wie die Bolschewiki
sind immer auch prinzipielle , und wenn das Wort ,Bandit'
sogar in der diplomatischen Aktensprache jetzt eine Rolle
spielt, so könnte das darauf hindeuten, daß den Herren dieses