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WAHLMONARCHIE
von Dr. Hermann Warnemuth.
(Nummer 6, 2. Mai 1917.)
Da die Mehrzahl des deutschen Volkes für eine
Reichsrepublik schwerlich zu haben ist — wenigstens
gegenwärtig nicht —, so wirld man dem Modus der
Kaiserwahl besondere Aufmerksamkeit schenken
müssen. Wir halten etwa folgende Regelung für mög
lich. Zunächst müßte der jetzige Bundesrat eine andere
Gestalt annehmen. Er könnte ein „Rat der Fürsten
und freien Städte“ werden. Bliebe der gegenwärtige
Besitzstand des Reiches nach dem Kriege unverändert,
so würden im neuen Bundesrat Sitz und Stimme haben:
Vier Könige (Preußen, Bayern, Sachsen Württemberg),
sechs Großherzöge (Baden, Hessen, Mecklenburg-
Schwerin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Ol
denburg), fünf Herzoge (Braunschweig, Sachsen-Mei
ningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Göburg und Gotha-
Anhalt), sieben Fürsten (Schwarzburg - Rudolstadt,
Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck und Pyrmont,
Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie, Schaumburg-
Lippe, Lippe), drei Bürgermeister (Lübeck, Bremen,
Hamburg). Würde nach dem Friedensschluß das
jetzige „Reichsland“ gleichfalls 'deutsches Gebiet
bleiben, so sollte man daraus zwei vollberechtigte neue
Bundesstaaten machen, etwa die Republik Elsaß und
die Republik Lothringen, deren Präsidenten dann
natürlich auch in den Bundesrat eintreten würden.
Letzterer hätte also 27 Mitglieder. Aus diesen könnte
der jeweilige Kaiser oder „Präsident“ gewählt wer
den, wie die heutige Reichsverfassung das Oberhaupt
des Bundes bezeichnet. Der Bundesrat würde aus
seiner Mitte drei Kandidaten für die höchste Würde
bezeichnen und diese dem Reichstage präsentieren, der
dann die endgültige Wahl des Reichsoberhauptes vor
nähme. Es müßte jedes Mitglied des Bundesrates
wählbar sein, ebensogut ein kleiner Fürst oder Herzog
wie ein Großherzog oder König, auch der Blirger-