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Stadt sich vernunftgemäss entwickelt ohne vorbestimmte künst
lerische Marschroute.
Die Nutzung von Grund und Boden dagegen bestimmt sich nicht
durch natürliche Gesetze, sie ist gut oder schlecht, je nachdem
öffentliche oder private Wünsche zur Geltung kommen, ob das
Interesse des privaten Grundbesitzes oder ob die Notwendig
keiten des städtischen Gemeinwesens den Gang der Entwicklung
diktieren. Ungehemmte Freiheiten, ein schrankenloses Sichaus-
wirken privater Wünsche und Notwendigkeiten müsste die ent
setzlichsten Auswirkungen zeigen. Es handelt sich also darum,
genau die Grenzen zu bestimmen, bis zu denen der einzelne über
seinen im Bereich der Stadtentwicklung liegenden Grund und
Boden verfügen darf.
Man hat lange geglaubt, dass es für die rationelle Entwicklung
eines neuen Quartiers genüge, dieVerkehrslinien festzulegen und
das Terrain der zukünftigen Haupt- wie Nebenstrassen als un
überbaubar zu erklären. Bis heute hat man an der Meinung fest-
gehalten, dass es genüge, Baugesetze zu erlassen mit der Bestim
mung der maximalen Bebauungshöhe für die verschiedenen städ
tischen Lagen, sowie mit der Bestimmung des Prozentsatzes an
überbaulicher Fläche für die sich ergebenden Parzellen.
Gewiss sind derartige Verfügungen notwendig; sie bilden eine
erste und notwendige Beschränkung des freien Verfügungsrech
tes über das Privateigentum. Aber ihre Starrheit wird in vielen
Fällen geradezu zu einem Hemmnis der gesunden Entwicklung.
Die vorsorglichen Massnahmen, die man einige Jahre zum vor
aus zu treffen hat, begegnen später, wenn sie zur Durchführung
gelangen, oft ganz veränderten Verhältnissen: Die Entwicklung
einer Stadt hat oft ihre kapriziösen Seiten, sie bevorzugt manch
mal Gebiete, für die noch keine Pläne aufgestellt worden sind,
während andererseits Gebiete mit bis ins einzelne ausgearbeite
tem Strassennetz lange Zeit auf die Bebauung zu warten haben.
Dann sind auch die Gesichtspunkte, unter denen Erweiterungs
pläne auf gestellt werden, einem steten Wechsel unterworfen; ge
rade heute verändern sich diese Auffassungen ausserordentlich
rasch. Die Baugesetze wie die Strassenpläne der Erweiterungsge
biete müssen also eine gewisse Elastizität besitzen, damit die Be